Prostitution und Strafrecht in Wien

13. Juni 2024

Prostitution, Sexarbeit, Rotlicht-Milieu sind generell mit Straftaten aller Art verbunden.

Das Strafgesetzbuch kennt auch Delikte, die direkt in der Prostitution angesiedelt sind. Dazu bringe ich nun einen groben Überblick.

In § 74 Abs. 1 Z. 9 StGB wird Prostitution folgendermaßen definiert: die Vornahme geschlechtlicher Handlungen oder die Duldung geschlechtlicher Handlungen am eigenen Körper gegen Entgelt durch (a) eine minderjährige Person oder (b) eine volljährige Person in der Absicht, sich oder einem Dritten durch die wiederkehrende Vornahme oder Duldung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Bei einer erwachsenen Person muss also Erwerbsabsicht vorliegen, bei einer minderjährigen Person genügt eine einmalige entgeltliche geschlechtliche Handlung.

Weiter Informationen finden Sie im Beitrag Vergewaltigung und Missbrauch und im Beitrag Schlepperei und Menschenhandel.

Sollten Sie im Bereich der Prostitution ein Problem haben, stehe ich für eine umfassende Beratung und Vertretung bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht zur Verfügung.

Bei dringenden Fällen bin ich ständig erreichbar unter: 0664/919 40 92.

Kuppelei (§ 213 StGB)

Kuppelei kann nur eine Autoritätsperson (z.B. Eltern, Vormünder, Lehrer, Erzieher, Lehrherren, Priester). Die Kuppelei selbst besteht darin, dass eine solche Person einen Minderjährigen zu einer geschlechtlichen Handlung mit einem Dritten verleitet.

Unter einer geschlechtlichen Handlung versteht man nicht bloß flüchtige sexualbezogene Berührungen der zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen, somit dem weiblichen oder männlichen Körper spezifisch eigentümlichen Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper der jeweils anderen Person. Dazu zählt insbesondere der Vaginalverkehr, Analverkehr, Oralverkehr, Reiben des Penis zwischen den Brüsten etc.

Das Strafmaß liegt bei maximal 3 Jahren, erfolgt die Kuppelei entgeltlich, liegt das Strafmaß zwischen 6 Monaten und 5 Jahren.

Entgeltliche Vermittlung von Sexualkontakten mit Minderjährigen (§ 214 StGB)

Dieses Delikt verwirklicht, wer die persönliche Annäherung einer minderjährigen mit einer anderen Person zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung herbeiführt mit der Absicht, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Mit dieser Bestimmung sollen Minderjährige vor Prostitution und Ausbeutung geschützt werden. Darum steht bereits das Anfangsstadium (“persönlichem Annäherung”) unter Strafe.

Das Strafmaß liegt bei unmündigen Minderjährigen (unter 14 Jahren) zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, bei mündigen Minderjährigen (von 14 bis 18 Jahren) zwischen 6 Monaten und 2 Jahren.

Zuführen zur Prostitution (§ 215 StGB)

Wer eine Person der Prostitution zuführt, ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren zu bestrafen.

Unter Zuführen versteht man eine gezielte und aktive Einflussnahme auf das Tatopfer in die Richtung einer Umwandlung der gesamten Lebensführung in jene einer sich prostituierende Person.

Die Einflussnahme muss persönlich sein (durch ein Raten, Auffordern, Überreden). Bloße Unterstützung einer zur Ausübung einer zur Prostitution entschlossenen Person genügt nicht. Gefordert ist eine Tätigkeit, durch die das Tatopfer in eine Situation gebracht wird, in der erfahrungsgemäß die Gefahr des Abgleitens in die Prostitution besteht, wie etwa ein Hineinbringen in das Rotlicht-Milieu, die Einführung in ein Bordell oder ein Auf-den-Strich-Schicken.

Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a StGB)

Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer eine minderjährige Person zur Ausübung der Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darstellung anwirbt, einem Dritten dies anbietet oder vermittelt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die minderjährige Person bereits der Prostitution nachgeht.

Außerdem macht sich nach dieser Vorschrift strafbar, wer eine minderjährige Person, die bereits der Prostitution nachgeht oder bereits an einer pornographischen Darstellung mitwirkt mit der Absicht ausnützt, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Grundsätzlich liegt das Strafmaß zwischen 6 Monaten und 5 Jahren. Wird die Tat gegen eine unmündige minderjährige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begeht, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3 StGB) gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat so liegt das Strafmaß zwischen 1 und 10 Jahren.

Außerdem macht sich nach dieser Vorschrift strafbar, wer wissentlich eine pornographische Darbietung, an der eine minderjährige Person mitwirkt, betrachtet. Das Strafmaß liegt im Falle einer mündigen minderjährigen Person bei maximal 1 Jahr (oder einer Geldstrafe), im Falle einer unmündigen Person bei maximal 2 Jahren.

Zuhälterei (§ 216 StGB)

Die Bezeichnung dieses Delikts ist irreführend, da nicht die Zuhälterei an sich verboten ist. Die Zuhälterei ist eine Begleiterscheinung der Prostitution, die ebenso wie die Prostitution selbst nicht strafbar ist.

Es ist unerheblich, ob die sich prostituierende Person ein Mann oder eine Frau ist. Da es mehr weibliche Prostituierte gibt, wir im Folgenden nur die weibliche Form verwendet.

Strafbar ist Zuhälterei in folgenden Fällen:

parasitäre Zuhälterei: Darunter versteht man das Ausnutzen einer Prostituierten mit dem Vorsatz, sich oder einem Dritten eine fortlaufende Einnahme (es genügt ein nicht ganz unbedeutendes Nebeneinkommen) zu verschaffen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Zuhälter tatsächlich ein Einkommen erzielt, bereits der Vorsatz ist für die Vollendung des Delikts ausreichend.

Ausbeuten (das Abnehmen der ganzen oder überwiegenden Einkünfte aus der Prostitution) und Einschüchtern einer Prostituierten, sodass sie sich nicht mehr frei entscheiden kann, unter Strafe.

dirigierende Zuhälterei: Darunter versteht man, dass der Zuhälter der Prostituierten die Bedingungen vorschreibt, unter denen sie ihren Beruf auszuüben hat (Arbeitszeit, Ort, Entgelt, zu erbringende Leistungen). Die Prostituierte hat Nachteile zu befürchten, wenn sie diese Anweisungen nicht befolgt.

Mehrfachzuhälterei liegt vor, wenn der Zuhälter mindestens 2 Prostituierte ausnützt.

Abhalten von der Aufgabe der Prostitution: Dieses Delikt ist bereits verwirklicht, wenn man bereits durch vorsorgliche Einschüchterung eine Prostituierte davon abhält, überhaupt auf die Idee zu kommen oder den Wunsch zu äußern, die Prostitution aufzugeben. Erst recht wird dieses Delikt verwirklicht, wenn die Prostituierte, die diesen Wunsch geäußert hat, etwa durch Überreden, Drohungen etc. von der Aufgabe der Prostitution abhält.

In allen Fällen ist es unbeachtlich, ob es sich um Geheim- oder Kontrollprostituierte handelt. Auch eine Ehe oder Lebensgemeinschaft schließt nicht automatisch die Zuhälterei aus.

Beispiel: Herr R. beging Zuhälterei, indem er mit dem Vorsatz, sich aus der Prostitution der A. eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diese durch Wegnahme von mehr als der Hälfte des durch die Prostitution erwirtschafteten Entgelts ausgebeutet, eingeschüchtert und ihr die Bedingungen der Ausübung der Prostitution vorgeschrieben, indem er die Kunden für sie auswählte und die Art der Prostitutionshandlungen sowie die Höhe des zu verlangenden Entgelts vorschrieb (LG Innsbruck 18. 8. 2023, GZ 25 Hv 47/23t, OGH 23. 4. 2024, 11Os14/24d). Damit verwirklichte Herr A. die dirigierende Zuhälterei und die Zuhälterei durch Ausbeutung und Einschüchterung.

Das Strafmaß liegt bei der parasitären Zuhälterei maximal bei 2 Jahren, im Falle der dirigierenden Zuhälterei sowie der Zuhälterei durch Ausbeuten oder Einschüchtern bei maximal 3 Jahren. Wird die Tat im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen oder im Falle des Abhaltens von der Aufgabe der Prostitution bei 6 Monaten bis 5 Jahren.

Grenzüberschreitender Prostitutionshandel (§ 217 StGB)

Dieses Delikt verwirklicht, wer eine Person in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, der Prostitution zuführt oder sie dafür anwirbt. Es ist unbeachtlich, ob diese Person bereits in ihrem Heimatland der Prostitution nachgeht oder nicht.

Unter Zuführen versteht der OGH die aktive und gezielte Einflussnahme auf die betreffende Person zur Verlagerung der gesamten Lebensführung als Prostituierte in einem fremden Staat (RS0109314) Unter Anwerben versteht der Oberste Gerichtshof das über intensives Betreiben des Täters bewirkte Herbeiführen einer Vereinbarung mit der Verpflichtung, in einem anderen Land der Prostitution nachzugehen (RS0095539).

Das Strafmaß liegt zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, bei gewerbsmäßiger Begehung zwischen 1 und 10 Jahren.

Weiters macht sich strafbar, wer eine Person mit dem Vorsatz, dass sie in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, der Prostitution nachgehe, durch Täuschung über dieses Vorhaben verleitet oder mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung nötigt, sich in einen anderen Staat zu begeben, oder sie mit Gewalt oder unter Ausnützung ihres Irrtums über dieses Vorhaben in einen anderen Staat befördert.

Beispiel: Herr R. verwirklichte diesen Straftatbestand, indem er die rumänische Staatsangehörige und dort wohnhafte A. mit dem Vorsatz, dass sie in Österreich, der Prostitution nachgehe unter Ausnützung ihres Irrtums über dieses Vorhaben (sie dachte sie werde in Österreich eine Familie gründen und sie könne als Reinigungskraft arbeiten) nach Österreich befördert hat (LG Innsbruck 18. 8. 2023, GZ 25 Hv 47/23t, OGH 23. 4. 2024, 11Os14/24d).

In derartigen Fällen liegt das Strafmaß zwischen 1 und 10 Jahren.

Bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen (§ 207a StGB)

Bis 30. 11. 2023 hieß diese Delikt “Pornographische Darstellungen Minderjähriger”. Diese Bezeichnung hat der Gesetzgeber geändert, da er die ursprüngliche Bezeichnung als verharmlosend empfunden hat.

Dieses Delikt ist einigermaßen komplex.

Dieses Delikt begeht,

  • wer eine pornografische Darstellung einer minderjährigen Person,
  • herstellt oder
  • einem anderen anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder sonst zugänglich macht.

Ebenso begeht dieses Delikt,

  • wer sich eine pornografische Darstellung einer mündigen minderjährigen Person oder einer unmündigen Person
  • verschafft oder
  • eine solche besitzt.

Ebenso begeht dieses Delikt,

  • wer im Internet wissentlich auf eine pornografische Darstellung Minderjähriger zugreift.

Beispiel: Herr O. beging dieses Delikt, indem er in mehreren Angriffen zwischen 2018 und 2022 pornographische Darstellungen minderjähriger Personen (§ 207a Abs 4 StGB) herzustellen versuchte, indem er seine minderjährigen Töchter P* und W* heimlich mit seinem im Badezimmer versteckten Mobiltelefon beim Duschen aufnahm, um sie beim Masturbieren zu filmen (LG für Strafsachen Wien 13. 12. 2023, GZ 84 Hv 25/23w, OGH 23. 4. 2024, 11 Os 26/24v).

Beispiel: Herr Z. verwirklichte dieses Delikt, indem er sich pornographische Darstellungen mündiger und unmündiger minderjähriger Personen verschafft und besessen, indem er auf seinem Mobiltelefon zwölf Bilder und Videos, zeigend vorwiegend unmündige Mädchen und Buben bei geschlechtlichen Handlungen mit einem Dildo, Hand-, Oral-, Vaginal- und Analverkehr an ihnen, (reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte, von anderen Lebensäußerungen losgelöste und der sexuellen Erregung des Betrachters dienende) Nahaufnahmen der Genitalien unmündiger Mädchen und unmündige Mädchen und Buben bei der Selbstbefriedigung, speicherte (LG St. Pölten 11. 10. 2023, GZ 13 Hv 26/23w, OGH 17. 4. 2024, 15 Os 154/23w).

Bei diesem Delikt richtet sich das Strafmaß nach dem Alter des Minderjährigen: Ist die Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahre alt, liegt das Strafmaß bei maximal 1 Jahr (oder einer Geldstrafe), ist die Minderjährige unter 14 Jahre alt, liegt das Strafmaß bis zu 2 Jahren. Unter erschwerenden Umständen beträgt das Strafmaß zwischen 1 und 10 Jahren.

Nicht zu bestrafen ist, wer eine pornographische Darstellung einer 14-18 Jährigen zu deren eigenen Gebrauch herstellt oder besitzt. Ebenfalls ist nicht zu bestrafen, wer eine pornographische Darstellung von sich selbst besitzt, auch wenn es sich um eine Darstellung handelt, die aufgenommen wurde, als die Person unter 14 Jahren war.

MMag. Wolfgang Ebner

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